Dankeschön

Alles dieses habe ich nicht allein geschafft. Viele haben mich unterstützt, mir geholfen, mir Literatur und gute Tipps gegeben und, und, und.

Ich schulde also vielen Menschen Dank. Aber ich kann sie nicht alle aufzählen, denn ich bin so schusselig und vergesse bestimmt jemanden. Und dann ist dieser Jemand womöglich mucksch und dann haben wir den Salat. Ich weiß aber, dass ich oft – hoffentlich oft genug – Danke gesagt habe.

Drei nenne ich hier trotzdem:

Dank an das Komitee “Ärzte für die Dritte Welt” für die Möglichkeit, hier Erfahrungen zu machen.

Dank meiner Frau und meinen beiden Töchtern. Alles weitere mündlich.

Und Dank an meine beiden wunderbaren Kolleginnen Marie Coen und Sabine Caspers in unserer Hamburger Gemeinschaftspraxis am Barmbeker Bahnhof. Ich bin seit sieben Jahren froh, mit den beiden im Balintküchenlaborbüro zu sitzen. Sie haben nicht nur den Anstoß zu diesem Einsatz gegeben, sondern ihn mir auch – mitten in der Infektsaison – ermöglicht. Ich finde, das muss erwähnt werden.

Ich freue mich auf mein vertrautes, kaltes, schönes Hamburg.

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Letzter Tag

Freitags ist im OPD meistens etwas weniger los. Am Dienstag und Donnerstag kommen die Päppelkinder, da ist am meisten zu tun. Montags muss – genau wie in Hamburg – das doktorlose Wochenende kompensiert werden und Mittwoch ist mal so, mal so.

Heute war ein typischer Freitag. OPD ohne größere Herausforderungen, nur eine Aufnahme, ein Typhusjunge (sein Onkel liegt schon bei uns, gleiche Diagnose).

Pausen gab es trotzdem keine, denn ich musste nach dem Baby sehen, das wir um 9 mit Neugeborenensepsis aufgenommen hatten. Es war 17 Tage alt und halbtot bei Ankunft, aber mit Sauerstoff und Wärme und Infusion und zwei Antibiotika wurde es wieder rosig und begann, sich zu regen.

Und dann entstand diese merkwürdige Situation, in der alles getan ist und in der es nun am Kind liegt, wie es weitergeht. Ich stand alle 30-60 Minuten im vollbelegten Fünfbettzimmer vor dem Inkubator und schaute Anariza beim Atmen zu. Das ging immer schwerer, und die Sauerstoffsättigung sank stetig, dafür stieg das Fieber.

Um halb vier starb Anariza, die Reanimationsversuche blieben vergeblich.

Als wir mit unseren Rea-Sachen das Zimmer verließen, standen alle Eltern im Zimmer von ihren Betten auf und scharten sich um das tote Mädchen auf dem Arm seiner Mutter. Einige weinten mit, aber alle sprachen der Mutter Trost zu und boten Hilfe an. Natürlich alle gleichzeitig, wir sind ja auf den Philippinen.

Die Party am Nachmittag (abends ging nicht, alle wollen in’s Wochenende) blieb von dem Ereignis ungetrübt, so ist es halt. Es war kurz und laut, ich habe nicht alles verstanden, aber alle haben sich gefreut und “When will you come back?” gefragt. Es gab wie üblich unheimlich viel zu essen – alle haben Reserveportionen in ihren Tupperschalen mitgenommen.
Auf ein schönes Wochenende und “Goodbye and Salamat”. Dann war es vorbei.

Und nun sitze ich im fast geräumten Zimmer, den fast gepackten Koffer zu meinen Füßen und schreibe meinen letzten Bericht.
Im Retrospektoskop, so ist es immer, schaue ich auf eine kurze Zeit. Eine lehr- und abwechslungsreiche und oft merkwürdige Zeit. Wundersam und schön war es.

Ob ich wiederkomme? Ich weiß es noch nicht. Sicher nicht im nächsten Jahr. Und was danach kommt, wird danach entschieden.

Lust habe ich.

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Hat’s Euch gefallen? Der elektronische Hut kreist.

Liebe Freundinnen und Freunde,

morgen ist Freitag. Dann sind 6 Wochen Buda komplett. Morgen abend gibt es eine Farewell-Party mit Essen, Trinken, Karaoke. In der Nacht schreibe ich noch einen oder zwei letzte Blogeinträge, und Sonnabend früh reise ich ab.

Ich freue mich, dass Ihr mitlest, und ich habe mich über Eure vielen Emails und Kommentare gefreut.
“Toll, dass Du das machst!” stand da oft drin.
Toll, dass Ihr dabei seid und Anteil nehmt! Danke für Eure Begleitung und Eure Ermutigungen! Und Dank an Leo für das gespendete Handy, das hier gute Dienste tut.

Dank auch, aber beim Dank will ich es nicht belassen. Wenn Euch die Budashow gefallen hat: Bitte nehmt Euch 3 Minuten Zeit und opfert eine TAN und einen Betrag von 10 bis XXX Euro, um die Arbeit von “Ärzte für die Dritte Welt” zu unterstützen. Mich würde es freuen, anderen würde es helfen: Toll, dass Ihr das macht!

Bitte überweist das Geld an:

Kto.-Nr.: 4 88 888 0
BLZ: 520 604 10
EKK-Bank

Für Spenden von außerhalb Deutschlands:
IBAN: DE12 5206 0410 0004 8888 80
BIC: GENODEF1EK1

Bitte schreibt in den Betreff “Heinzeblog” und vergesst nicht Euren Namen und Eure Adresse, denn Ihr bekommt natürlich eine Spendenbescheinigung.

Und für’s Spenden: Nochmal Danke, danke, danke.

Euer Cornelius

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The Doctor is: Still in! Wie es weiterging.

Zwei Wochen sind vergangen seit meinem Visitenbericht. In zwei Wochen kann vieles geschehen mit kranken Kindern. Von ein paar Patienten aus meinem Bericht will ich erzählen, wie es weiterging.

Rowena zum Beispiel. Rowena ist 12 und wohnt 2 Stunden von hier in Richtung Westen. Ein dünnes, aber gesundes Mädchen mit 4 Geschwistern. Mitte Oktober fühlte sie sich nicht mehr gut, hatte auch Fieber und Bauchweh. Die Vorstellung in der Ambulanz ergab: Fieberhafter Infekt und Verstopfung. Paracetamol und Dulcolax. Das Fieber ging zurück, dafür wurde der Bauch dicker und Rowena bekam Husten. 4 Tage später war sie wieder bei uns, Diagnose diesmal: Erkältung. Nach weiteren 2 Tagen war aus der Erkältung heftige Atemnot geworden und der Bauch passte garnicht mehr zum Kind: Ein Kugel auf 2 Streichhölzern. Erneute Vorstellung in unserer Ambulanz. Nun wurde erstmals ein sehr lautes Herzgeräusch gehört: So laut, da stimmte was nicht! Im Ultraschall Ascites, Gallenblasenödem, gestaute Lebervenen, Pleuraerguss. Rowena hatte eine schwere akute Herzinsuffizienz mit Lungenödem. Auweia. Was tun? In Hamburg wäre die Sache klar: Ab in’s UKE, Abteilung für Kinderkardiologie, Adieu.

Hier ist es anders. Ein Kind kann nicht einfach in eine Spezialklinik gebracht werden. Zum ersten muss die Bezahlung geklärt sein – das war in diesem Fall noch das einfachste: Bezahlung gibt’s nicht. Und die Zuständigkeit muss auch klar sein. Rowena wohnt westlich von Buda, also ist das SPMC in Davao (östlich, da kann Sr. Marinella Spendenfonds anzapfen) nicht zuständig. Was tun? Das kläre ich am Handy mit Martin Grau, Internist und medizinischer Leiter des German Hospital in Cagayan de Oro. Die German Hospitals dort und in Valencia kosten die Familie kein Geld, sind auf das Problem aber auch nicht besser eingestellt als wir in Buda. Wir beschließen: Kinderkardiologie selber machen. Lehrbuch ‘raus und los.

Und so kam es, dass ich jetzt eine Endokarditis mit Herzinsuffizenz aus dem Pfadfinderhandbuch behandle: Drei Antibiotika, Digoxin, Diuretikum und alle 3-5 Tage eine “Echocardiographie” mit dem 5 Mhz-Linearschallkopf von vor ca. 15 Jahren. Rowena ist dünn und macht gut mit, und ihre Vegetationen auf der Mitralklappe sind so groß, dass selbst ich sie auf den B-Mode-Bildern erkenne. Wir planen, die antibiotische Behandlung 4 Wochen hier weiterzuführen und Rowena dann doch noch in’s SPMC zu verlegen – mit einem Trick von Dr. Velasco: Die Familie gehört ja zur nomadisierenden Urbevölkerung. Wenn sie sich einige Kilometer nach Osten bewegt, dann ist Davao zuständig! So geht das hier.
Besonderer Dank für kardiologisch-telemedizinische Unterstützung geht in die Heimatstadt!!

Neben Rowena hatte Ivan gelegen, 3 Monate alt. Ivan kam somnolent und mit leichtem Fieber zur Aufnahme, trank kaum noch und stöhnte ohne Unterlass. Labor und körperliche Untersuchung blieben ohne Hinweise auf die Ursache, Infusion und Antibiotika änderten 2 Tage lang nichts. Und weil es so nicht weitergehen konnte: Verlegung nach Davao. Heute schrieb Marinella mir eine SMS: Ivan hat eine Darmtuberkulose. Man hatte ihn aufgemacht, um nachzuschauen. Nun wird er gegen TBC behandelt und es gehe ihm besser.

Die Geschichte des Zweijährigen mit dem Status asthmaticus ging gut aus. Er erhielt in Davao noch wenige Tage Intensivtherapie und konnte vor 3 Tagen nach Hause entlassen werden.

Träum' ich?

Nein!

Und dann war da noch Romel, zweieinhalb, das Kind der TB-behandelten Mutter und außerdem schwer unterernährt mit Elektrolytentgleisung. Am Abend erkrankte er mit hohem Fieber. Wir machten ziemlich schnell ziemlich viel Medizin und waren diesmal zum Glück erfolgreich: Romel war nach 24 Stunden wieder fieberfrei, wenngleich noch schlapp. Nach weiteren 2 Tagen sah man ihn schon wieder mit seiner Schwester durch die Gänge marschieren. Die Röntgenbilder beider Kinder – mit einer Woche Verspätung angefertigt – zeigen keinen Hinweis auf Tuberkulose. Deshalb werden beide als “PPD-Converter” klassifiziert: TB-Test positiv wg. der Exposition, selbst aber nicht erkrankt.
Blieb noch das Hungerproblem: Ende letzter Woche aß Romel in definierter Zeit eine definierte Menge Erdnussbutter und bestand damit den “Appetite Test”. Am nächsten Tag ging’s nach Hause. Ende dieser Woche werde ich ihn zur Kontrolle wiedersehen. Dann hoffentlich mit seinem großen Bruder, bei dem muss auch noch der TBC-Test gemacht werden. Beim Rest der 6köpfigen Geschwisterschar übrigens nicht, denn nach dem Tod des Vaters hat die Mutter sich von der Hälfte ihrer Kinder getrennt – die leben weit weg bei einer Tante. So geht das hier.

Gestern habe ich meine Wanderstiefel saubergewaschen – die erste Vorbereitung auf die Rückreise.

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Medizin unterwegs

Gestern und vorgestern hatte ich Dienst. Es war nicht viel los; in den Nächten konnte ich schlafen.

Zu Besuch im Doctor’s House ist seit 3 Tagen Walter, Internist aus Düsseldorf, der mit dem Fahrer Bobby, mit Nancy und mit Gaga (das ist Rufinos Schwester) auf Rolling-Clinic-Tour ist. Gestern abend saßen wir bei Bier (er) und Wasser (ich, denn ich hatte ja Dienst) beisammen und Walter sagte: “Weißt Du was? Morgen hast Du doch frei. Komm’ einfach mit!”

Und heute fuhr ich einfach mit im blauen Landcruiser, in’s Sitio Upiang. Sitio ist die kleinste Siedlungseinheit hier, entspricht einem Weiler. Übergeordnet ist das Barangay, Dorf. Barangay heißt auch Boot (alte Seefahrernation), und deswegen heißt der Bürgermeister “Barangay Captain”.

Der Landcruiser musste nicht viel beweisen, es war nicht weit, nur etwa 45 Minuten. Upiang liegt in einer großartigen Gebirgslandschaft, im tiefen Tal. Verstreute Pfahlbauten, eine “Church of Christ”-Hütte, ein Kiosk.

Und ein Dorfplatz. Die Dorfplätze sind meistens dem Nationalsport Basketball untergeordnet, sie haben zwei Körbe an den Enden und Markierungen auf dem Boden. Auch in den kleinen Weilern.

Bobby hielt neben dem Dorfplatz. Walter und ich wurden vom Barangay Sub-Captain per Handschlag begrüßt und zum native Coffee eingeladen, während Bobby mit den beiden Healthworkers auslud und aufbaute. 20 Minuten später war alles fertig unter’m Wellblechdach: Ein Tisch mit einem Doktor an jedem Ende. An der einen Längsseite zwei Stühle mit den Lehnen zueinander, für die Patienten, und an der anderen der Stuhl für Gaga, die simultan für beide Doktoren gleichzeitig übersetzte und das Statistikbuch führte.

Wenn der Doktor in’s Dorf kommt, sind die Krankheiten nicht so schlimm wie wenn die Patienten in’s Krankenhaus kommen., das ist klar. 4- bis 6-köpfige Familien traten an zur Reihenuntersuchung, ausnahmslos mit Common Cold, Erkältung. Der Doktor ist halt da. Nancy schenkte literweise Lagundi aus. Windpocken, Krätze, Impetigo gab’s auf der Haut zu sehen. Und immer auf das halbjährliche “Deworming” achten! Alles ziemlich normal. Ein 25jähriger war deutlich krank und wurde mit Verdacht auf Typhus nach Buda geschickt.

Lunch im Dorfhaus: Reis mit Knochen und Gemüse, gekocht auf dem Holzfeuerherd. Dazu Coca-Cola.

Eine junge Frau trug ihre zwei Wochen alte, daheim geborene Tochter im lokaltypischen Reissack-Tragetuch. Auf der Karte stand: “For Checkup”. Das Kind war gut eingewickelt und nicht leicht zu finden. Als ich es fand, wurde die Untersuchung auf der Tischplatte notwendig und die Dörfler raunten. Holoprosencephalos. Kein Gehirn. Nur ein Gesichtsschädel. Diese Kinder sterben üblicherweise wenige Stunden nach Geburt. Dieses Mädchen konnte grimassieren und trinken, lebte seit 2 Wochen und war vital.

Sie kann hier genausogut wie in Westeuropa betreut werden, nämlich mit Wärme, Milch und Liebe. Ihre Lebenswartung beträgt wenige Wochen.

Anders als in Westeuropa ist es hier ganz normal, die ärztliche Diagnose im Kreis der Nachbarn zu stellen und auch das Aufklärungsgespräch öffentlich zu halten. Ein bisschen wie im Theater. Die Zuschauer machten “Ah” und Oh” und große Augen. Der Nächste, bitte.

Unser Aufenthalt war geplant bis 17 Uhr, aber wir waren ja zu zweit. Und um 14:30 Uhr schon fertig. Bobby hat’s gefreut, weil der nächste Sitio noch im Tageslicht erreichbar war. Hinauf bis zur Landstraße fuhr ich mit im Landcruiser, dann musste ich in die andere Richtung und nahm den Bus.

Wenn ich wieder herkomme, werde ich Rolling-Clinic-Doktor.

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The Doctor is: On Duty

(Einen Tag verspätet, weil gestern das Internet klemmte)
Mein erstes Dienstwochenende. Darel und ich stehen gemeinsam auf dem Dienstplan. Sonnabend früh hatten wir 18 stationäre Patienten, also wenig zu tun auf Station. Seither habe ich 4 ambulante pädiatrische Patienten gesehen, keinen aufgenommen. Darel als Erwachsenendoktor hatte etwas mehr zu tun, drei Aufnahmen, aber keine dringenden Notfälle.

Die Nacht auf Sonntag war ruhig – die erste mit Moskitonetz. Während der Regenzeit gab es keine Mücken, aber die Regenzeit ist seit 2 Wochen vorbei. Nun sind die Larven gereift, die Mücken geschlüpft und die Netze aufgehängt.

Es ist Sonntagmorgen und heiß. Ein ganz leichter, angenehmer Wind geht. Zikaden geigen, Vögel singen, Hähne krähen. Mal bellt ein Hund. Vom Dorf her weht ab und zu ein Kirchenlied herüber. Der Blick über den Bildschirm geht aus der offenen Terrassentür in den Sommertag: Garten, Fluss, Anhöhe. Grün, grün, grün.

Schön, schön, schön: Zum ersten Mal nach 5 1/2 Wochen ganz allein im Doctor’s House. Mutter und Tochter machen Urlaub auf Samal Island, von dort fährt die Tochter morgen zum Flughafen und fliegt heimwärts.

Ruhe.

Morgen habe ich frei, denn es ist wieder Feiertag. Zum ersten Mal profitiere ich von Eid-al-Adha, dem islamischen Opferfest.

Spannend morgen: Ein Tag zu Gast im Rolling-Clinic-Team von Dr. Walter. Es soll weit in die Wildnis gehen.

 

 

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Noch 300 Meter tiefer.

Am Sonntag war Maria wieder gesund. Wir frühstückten auf der Terrasse und machten die Morgenvisite im Hospital gemeinsam. Auf dem Pedia-Ward in Valencia liegt das Kind mit dem bisher niedrigsten von mir gemessenen MUAC (Mid Upper Arm Circumference): Sechsundneunzig Millimeter.

Ah, schon wieder eine Stelle, an der ich medizinischen Belang unterbringen kann! Was ist eigentlich ein MUAC und was macht ihn so bedeutend?

MUAC-Messbändchen

Also, das ist so: Der MUAC korreliert von allen Körpermaßen am Besten mit dem Ausmaß der Unterernährung. Und er ist ganz leicht zu messen. Deshalb ist der MUAC das, was man im WHO-Sprech ein „powerful diagnostic instrument“ nennt. Wenn man älter als 6 Monate und länger als 65 cm ist, sollte man tunlichst einen vernünftigen MUAC haben, sonst  ist man unterernährt. Unter 125 mm wird es kritisch, und unter 115 mm ist die Diagnose klar: SAM. „Severe Acute Malnutrition“.

Wir sehen viele SAM-Kinder, und leider gehörten die beiden hier während meines Einsatzes verstorbenen Kleinkinder auch in diese Gruppe.

„ACF“, Action contre la Faim, hat ein durchdachtes Programm auf den Weg gebracht, um schwer unterernährten Kinder wieder zu Fleisch auf den Rippen zu verhelfen. Dazu gehören ein stationäres und ein ambulantes Behandlungskonzept, gut ausgebildetes Personal, viel Papierkram, 2 Spezialmilchen und eine Spezial-Erdnussbutter. Hier in Buda wird seit Mitte 2011 das ACF-Programm umgesetzt. Sicher ist es zu früh, um den Erfolg beurteilen zu können. Aber wir haben eine Guideline und wissen, was als nächstes dran ist.

Und es zeigt sich, dass die Guideline beim einzelnen Patienten im Hospital immer gut anwendbar ist und das Ergebnis messbar, wägbar ist: Erst F75-Milch, bis keine Ödeme mehr da sind. Dann F100-Milch, bis das Kind zunimmt. Dann Ee-Zee-Paste, und dann Entlassung.

Entlassung. An der Stelle wird das Programm vom geschlossenen zum offenen System, und hier fangen leider die Probleme an. Vorausgeschickt: Viele kommen zu ihren Kilos und können von ihrer SAM geheilt werden. Aber viel öfter als wir wollen stehen wir vor Problemen wie: Nicht zum Follow-up gekommen. Ee-Zee-Past nicht gegessen, dafür Reis. Ee-Zee-Paste-Phase beendet, aber nix zum Essen daheim. Abnahme oder keine Gewichtszunahme wg. immer wieder krank wg. schlechter Abwehr. Und, und, und.

Es gibt echt noch viel zu tun gegen Hunger. An zuwenig Nahrungsmitteln liegt es nicht, jedenfalls nicht generell. Wie sagte Father Franco: „The Philippines are a rich country with a poor people“. So sieht’s aus.

“So sieht’s aus”, das bringt uns zum nächsten Thema: Wie sieht eigentlich die Insel sonst noch aus? Um 12 war die Visite beendet. Statt 1 Wochenende Arbeit hatte ich noch 2 freie Tage vor mir, und in denen folgte  ich Dietmars Einladung, nach Jampason, an’s Meer.

3 ½ Stunden Busfahrt. 45 Minuten Multicab (wie Jeepney, nur kleiner).  4 Minuten Fußweg, 3 mal fragen. So kommt man in’s Paradies.

Das Ufergrundstück ist groß genug für einen kleinen tropischen Mischwald. Daran grenzt die Anbaufläche, mit der Dietmar und seine Frau Vilma ihre „Scholars“ Gärtnern und Landwirtschaft lehren.

Das Haus steht im Wald und ist aus einheimischem Material. Lokaltypisches rotes Blechdach. Bambus in mehreren Verarbeitungsarten: Als Verkleidung – Paneel oder Natur -, als Ständer, als Flechtwerk. Kaum Wände, die braucht man hier nicht. OK, die Schlafzimmer. Die haben welche. Sonst gibt es hier und da durchsichtige PVC-Folien, die als Windschutz dienen können und sonst hochgezogen werden. Aber das beste ist die Küche! Claudia, sowas hast Du Dir immer gewünscht! 3 offene Seiten, Kochen in der Natur. Innen und außen, außen und innen – der Unterschied wird unwichtig, angenehm ist es überall.

Von der Küche geht’s auf die Terrasse. Von der Terrasse in’s Philippinische Meer sind es 20 Meter. Wenn man bis zur Anlegerspitze geht, sind es 80 Meter. Anleger und Haus und Terrasse und überhaupt alles wurde von Dietmar geplant und mit lokalen Handwerkern in’s Werk gesetzt. Und siehe, es ist gut!

Mir war 1 ½ Tage sehr wohl! Die meiste Zeit habe ich am Ufer mit einem Glas Wasser im Schatten gesessen und gelesen. Zweimal war ich schnorcheln und ließ 1/3 der Tiere aus „Findet Nemo“ an meiner Taucherbrille vorbeischwimmen (Immer auf Draht: Wo ist die giftige Seeschlange, mit der Dietmar manchmal um die Wette schwimmt?).

Sonst? Sonst unterhielt ich die Hunde. Mit Steineschmeißen: Beach holt faustgroße Kiesel aus 2-3 m Tiefe. Arthur hebt da noch nichtmal den Kopf. Ihn interessieren die Wacker so ab Kindskopfgröße. Es gab Vilmas grandios köstliches Essen direkt am Meer, es gab jede erdenkliche Art von Musik, es gab 2 kurze Spaziergänge und natürlich wieder 2 bombastdramatische Sonnenuntergänge. Und am Horizont leuchtete weiß die Koralleninsel. Paradies.

Gestern ging’s retour: Mit Familie Schug nach Villanueva, von da mit dem Taxi (Danke, Dietmar, das war die beste Idee) in’s Souveniergeschäft in der Limketkai Mall, Mitbringsel kaufen. Dann wieder Taxi zum Busbahnhof und dann 6 ½ Stunden (extra wenig getrunken) im AirCon-Rumpelbus zurück hinter die sieben Berge. Das mit dem wenig Trinken wäre garnicht nötig gewesen: Alle paar Stunden hält auch der NonStop-Bus an einer Eatery. Da gibt’s nicht nur Snacks und Getränke, man kann auch für 2 Pesos auf’s Klo.

Im Bus, das finde ich sympathisch, gibt es immer einen Schaffner. Dem sagt man auf Englisch, wo man aussteigen will, der ruft es auf Visayan nach vorn in Richtung Fahrer. So wissen alle im Bus Bescheid und der Ausstieg ist gesichert. Klappt super und ist besonders im Dunkeln hilfreich. Gestern auch.

Zuhause ein Bier und Abendbrot, noch ein Bier.
Nachgemessen: Gürtel aktuell 7 cm enger als bei Anreise.
Bis zur Abreise wird ab morgen durchgearbeitet. 10 Tage, drei Dienste.
Gute Nacht bis morgen.

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600 Meter tiefer

Heute und vielleicht auch morgen bin ich Aushilfsdoktor in Valencia!

Kollegin Maria, Langzeitärztin in Valencia, musste nach Cagayan de Oro, Visum verlängern. Dort wurde sie so krank, dass sie nicht mal mehr Tanduoy Ice trinken kann. Also sehr krank. An arbeiten ist nicht zu denken, nicht mal an Rückreise. GUTE BESSERUNG! (Scheint schon besser zu gehen, ist nichts Bedrohliches, keine Sorge).

Per Zufall hatte Dietmar die Nacht in Buda verbracht und mich am Morgen kurzerhand nach Valencia verpflanzt, er musste sowieso in die Richtung. Jaja, natürlich hat er mich vorher gefragt!

Nun macht also in Buda ein Reliever Dienst, und ich habe ein neues Krankenhaus. Zum Glück gibt es hier am Wochenende weder OPDs noch Aufnahmen, ich hatte also (toitoitoi) einen ruhigen Tag mit “Der Schatten des Windes” von Zafon.

Eben ging die Evening Round zuende. Es gibt Unterschiede zwischen Stadt- und Landpatienten. Ich habe das am deutlichsten gemerkt an den wenigen unterernährten Kindern hier in der Stadt. Die Behandlung der schweren Unterernährung von Kindern ist in Buda – naja, vielleicht noch nicht perfekte Routine, aber jedenfalls deutlich weiter fortgeschritten. Das ACF-Programm (strukturiertes Päppeln) ist hier in Valencia noch nicht umgesetzt; es gibt keine Erdnussbutter. Dafür gibt es hier mehr Tbc-Patienten.

Ich bin froh um einen Monat Erfahrung in Buda! Da geht die Visite auch im neuen Krankenhaus auf Anhieb besser von der Hand. Nun ja, ist auch derselbe Träger und das Handwerkszeug – insbesondere die Aktenführung – ist bekannt.

Jetzt sitze ich im städtischen Doctor’s House am Internetlaptop. Internet ist hier deutlich flotter.

Trotzdem bin ich froh, in Buda zu arbeiten. Das liegt 600 m höher und ist ein relativ sauberes Dorf mit angenehmem Klima. Hier ist es heiß und laut und staubig und stinkig und stickig. Maria ist echt nicht zu beneiden – die verbringt in diesem Doctor’s House 6 Monate!

Von hier fahre ich vielleicht auf einen Kurzurlaub in Dietmars Haus am Meer in Cagayan, je nachdem wann Maria von dort zurückkehrt. Das ausgeliehene Schnorchelset ist jedenfalls im Rucksack.

Habe diesmal den elektronischen Recorder dabei. Vielleicht gelingen ja Aufnahmen vom nächtlichen Nachbarsgesang…

Oh, Hallo! Eben kommt eine Anfrage von “Ärzte für die Dritte Welt”: Dürfen wir Ihren Blog auf unserer Blogseite verlinken? Aber gerne doch!

Hier geht’s zur Blogseite von Ä3W.

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The Doctor is: IN

Máyon Búntag, guten Morgen!

Die Sonne scheint, der Frühstücksteller ist abgewaschen. Alles dabei? Brille, Kuli, Rechner, Stethoskop, Wasserflasche?

Na dann los.

Punkt acht ist Ward Round, Visite. In den ersten beiden Zimmern freuen sich frischentbundene Mütter an ihren Söhnen und Töchtern. Ein Baby ist ganz gelb, das muss an’s Fenster, da kriegt es mehr UV-Licht. Und Laborwerte hätte ich auch gern.

Die beiden Typhusschwestern sind nach fast 2 Wochen hohem Fieber endlich fieberfrei und können nach Hause. Beiden hat erst Ciprofloxazin geholfen, das Antibiotikum der dritten Linie. Das kann noch was werden mit den Resistenzen.

Der Zwölfjährigen mit der akuten Herzinsuffizienz geht es auch besser; das Lungenödem scheint kein Problem mehr zu sein. Das Bett daneben ist leer: Da lag gestern abend noch der stöhnende 3 Monate alte Junge – er ist jetzt im SPMC (Southern Philippine Medical Center) in Davao mit Verdacht auf Encephalopathie, möglicherweise wegen eines Stoffwechseldefekts.

Im TB-Ward lebt seit gestern eine Mutter unter TB-Therapie mit zweien ihrer 4 Kinder. Deren TB-Hauttests waren positiv, sie müssen also nach Valencia zum Röntgen gefahren werden. Wird aber heute nicht möglich sein, denn der kleine Junge ist außerdem schwer unterernährt und hat eine Elektrolytentgleisung mit Kalium von 1,5. Damit lassen wir ihn nicht reisen, er soll lieber Bananen essen und Speziallösung trinken. Zum Glück hat er wenigstens keinen Infekt.

9:30 Uhr. Heute nur eine Entlassung, der Papierkram ist also rasch erledigt. Bei der letzten Unterschrift steht Sir Raymond neben mir: “Doc, we have a child in the ER”.

Im Emergency Room atmet ein Zweijähriger um sein Leben. Seit gestern abend geht das so, sagt die Mutter. Blass, erschöpft, Augen verdreht, maximaler Kraftaufwand für minimale Sauerstoffversorgung. Es fließt kaum Luft in den Lungen, der Junge hat einen Status asthmaticus. Untersuchen, anordnen, Intensivbehandlung und -Überwachung. Alles aufschreiben.

Zum OPD (Out Patient Department, Ambulanz) geht es einmal diagonal durch den inzwischen vollen Wartesaal. Eine Nurse beendet gerade ihre Lecture über Möglichkeiten der Geburtenkontrolle. Höflicher Applaus der Wartenden.

OPD mit Rufino. Rufino ist Manobo und entstammt einer angesehenen Familie, das betont er täglich. Er ist nicht einfach ein Translator, sondern ein Interpreter: Er spricht mehrere hiesige Dialekte, klingt in jedem gleich ruppig und ist offensichtlich eine Autorität. Er nimmt sich aber auch Zeit für Erklärungen und kennt alle weiterführenden Stellen innerhalb und außerhalb von “Ärzte für die Dritte Welt”.

Morgens kommen die Patienten meistens aus der Nähe, am Nachmittag treffen die mit den langen Fußwegen ein.

Und hier die Top-5-Liste der häufigsten OPD-Vorstellungsgründe inklusive Abkürzungsverzeichnis:
1.) C+F, Cough and Fever
2.) C+C+F, Cough and Cold and Fever
3.) Diarrhea
4.) D+V, Diarrhea and Vomiting
5.) C+C+D+V+F

Wie zuhause haben die meisten Kinder URTI (upper respiratory tract infection) oder GE (Gastroenteritis). Wie zuhause kann man sie gewöhnlich gut ambulant behandeln. Antibiotika setze ich häufiger ein als in Hamburg, aber schon nicht mehr so oft wie am Anfang. Paracetamol, Lagundi (lokaler Kräuterextrakt) gibt’s für die Huster, ORS und Zink für die anderen.

Und zwischendurch immer wieder ein “Huch!”-Kind: Aufnahme. Einige mit schwerer Unterernährung. Oder ein Säugling mit Atemnot. Oder wandelnde Eiterbeulen. Oder ein Kleinkind mit Krampfanfällen – woran liegt’s?

Zur vollen Stunde ärztliche Patrouille durch den Wartesaal: Auf welchem Schoß sitzt das allerkrankste Kind? Muss jemand vor den anderen zum Doktor? Das Triagesystem der Nurses ist leider noch nicht ausgereift. Heute alles im normalen Bereich, niemand im Wartesaal ist schwerkrank.

12 Uhr. Mittagspause. “Have a nice lunch, Dr. Heinze”! Jeremiah, der Zweijährige, atmet noch immer um sein Leben. Er hat Angst, die Mutter auch. Der Aminophyllintropf läuft nicht, und zwar offenbar schon länger. Also bitte: Nochmal Cortison rektal, und zügig einen neuen Zugang! Pardon? Ja, NATÜRLICH vor dem Lunch!!

13 Uhr. Der Tropf ist neu gelegt und läuft. Jeremiah isst Reis. Kaum zu glauben, bei der Atemanstrengung. Hoffentlich geht es ihm bald besser.

Die Laborwerte sind da. Das gelbe Baby hat einen unkomplizierten Neugeborenenikterus, mehr als normal, aber voraussichtlich nicht therapiebedüftig. Trinkt auch gut und hat sonst keine Probleme. Morgen Laborkontrolle.

13:30 Uhr. Treffen mit dem regionalen Leiter des “Action contre la faim”-Programms, Dr. Fudalan und zwei seiner Nutritionists, eine aus Frankreich und eine Filipina. Einige Detailfragen zur Durchführung werden besprochen und ein Refresherkurs wird vereinbart für das zweite Novemberwochenende.

14:15 Uhr. Weiter OPD. Eine oder zwei Aufnahmen und der dazugehörige Schreibkram. Manche Patienten können in der Dunkelheit nicht mehr nach Hause, sie bekommen einen Gate Pass und in der “Watcher’s area” eine Schlafgelegenheit und etwas zu essen.

16 Uhr. Nicht besser. Jeremiah zehrt seine Reserven auf und wir können nicht mehr leisten als dies. Anruf bei Fidel, dem Fahrer. Ich schreibe einen Verlegungsbericht und Jeremiah fährt auf Mutters Arm, mit Sauerstoff und zwei Infusionen nach Davao. Atmen, atmen, atmen. SMS an Sr. Marinella: Sie wird sich im SPMC um den “German Doctors”-Patienten kümmern.

17 Uhr. Abendrunde. Heute nur eine Entlassung, aber mehrere Aufnahmen: 2 Säuglinge mit Bronchiolitis, die hat hier gerade Saison. Ein Achtjähriger mit typhusverdächtiger Anamnese, der seit Aufnahme aber schon fast gesundet ist und hoffentlich morgen wieder gehen kann. Zwei Erwachsene: Einer hat ziemlich sicher Typhus, ein anderer bekommt eine Infusion bei schwerem Magen-Darm-Infekt. Alles recht gut im Griff im Haupthaus.

Im TB-Ward liegt der kleine unterernährte Junge mit der Elektrolytentgleisung hochfiebernd, flach atmend, blass und schlaff im Bett. In der Kurve sind seit heute früh 2 Fieberzacken eingezeichnet und alle Doctor’s Orders wurden ausgeführt. Nur Bescheid sagen, das stand nicht in den Orders.

Untersuchung, Fiebermedizin, antibiotische Doppelbehandlung, Infusion mit Kaliumzusatz, Intensivüberwachung! Das letzte Kind in dieser Situation haben wir vor 3 Wochen vergeblich reanimiert.

18:30 Uhr. Die Infusion läuft, das Fieber ist wieder ‘runter, der Kreislauf ist stabil.

Dietmar Schug, der Philippinen-Koordinator von A3W, kommt mit seinem SUV aus Cagayan de Oro. Rowen und Gerry heben eine neue 150er Kawasaki aus dem Anhänger. Die bekommt Sir Randy, der TB-Chef, für seine demnächst beginnenden Hausbesuche. Außerdem bringt Dietmar einen Kopierer/Scanner mit, der hat hier dringend gefehlt. Es gibt nämlich kein Festnetz in Buda und deshalb auch keine Möglichkeit zum Faxen. Jetzt können wir Befunde einscannen und per Email verschicken.

19 Uhr. Normalerweise Abendbrot. Die Küche versorgt uns zweimal täglich mit warmen Mahlzeiten. Es gibt Fleisch oder Fisch oder Geflügel mit den unterschiedlichsten lokalen Gemüsen, dazu Reis. Fast alle Gerichte werden bereichert durch Heinz Tomato Ketchup. Zum Nachtisch gibt es meistens Mango, sonst Papaya oder Ananas. Wir können nicht klagen. Meine Gewichtsabnahme (bisher geschätzt 4 kg) kommt nur vom Nasch- und Zwischendurchverzicht. Sieh an.

Heute statt Abendbrot: Geburtstagsfeier bei Ma’am Orly, unserer Headnurse. Sehr viel Familie ist da, und dazu kommen und gehen alle möglichen anderen Gäste, die meisten vom Hospital. Es gibt 2 ganze Spanferkel und jede Menge Salate, Soßen und sonstige Zutaten, und für die Germans sogar Bier! Darel, Dietmar und mir schmeckt’s. Ich finde die “Valenciana” am Besten, eine Art Risotto, und ich werde mit dem “BH”-Verfahren vertraut gemacht: “Bring home” – das geht so: Wenn Dir beim Gastgeber etwas besonders gut gefällt: Lobe es mehrmals lautstark, und er packt es ein und macht es Dir zum Geschenk. Klappt diesmal nicht, aber Orly verspricht mir eine Valenciana zur Abschiedsfeier.

22 Uhr. Mit Dietmar auf ein letzes Bier am Esstisch im Doctor’s House. Irmela, die gynäkologische Kollegin, ist mit dabei, will gerade ihr Bierglas heben, da klingelt’s: Eine Gebärende ist gekommen.

23 Uhr. Ein paar Emails, Zähneputzen, schlafen gehen. Bisher hatte ich noch keinen Bereitschaftsdienst, bald geht’s damit los.

Aber für heute:

Gute Nacht. Máyon Gabí-i.

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Out of Buda II (Oder: Halbzeit in Valencia und Pforzheim)

Halbzeit schon vorüber. War vorgestern. Mir geht die Zeit schnell vorbei – es passiert ja so viel!

Letzte Woche wurde der Novemberdienstplan fertig. Da drin steht: Dr. Heinze arbeitet von Montag an 19 Tage am Stück und hat dann ein Wochenende frei. Mein lieber Scholli.

Beim genauen Hinsehen zeigt sich allerdings, dass in diese Planung auch der 1. und der 2. und der 7. November einbezogen sind, und darunter sind die höchsten philippinischen Feiertage: Allerheiligen und Allerseelen. Da wird nicht gearbeitet! Und da stehe ich auch nicht als Diensttuender auf dem Plan – also doch noch 3 Tage Pause zwischendurch.

Dieses Wochenende war ich in Valencia: Maria besuchen und Stadt ansehen. Wir waren auf verschiedenen Märkten, gingen durch Viertel ohne Abgasvorschrift, erlebten kleine Abenteuer am Geldautomaten. Wir waren in einem verhältnismäßig teuren Restaurant, dessen Essen in Deutschland aber auch nur den deutschen Preis wert gewesen wäre (17 € für zwei incl. Getränke und Tip). Gut gefallen hat mir die Open-Air-Bar (kann man sich wie einen Biergarten vorstellen, nur ohne Bier), in der wir abends 3 philippinische Barden zu hören bekamen, die alle zur Gitarre ähnlich klingende Lieder sangen. Aber gut: Singen können hier viele gut – auffallend viele schöne Tenorstimmen dabei!

Lauter polyphoner Gesang erklang auch in der ersten Dämmerung, so gegen 5. Er kam von den Nachbarn des Doctor’s House in Valencia, die – das erzählte Maria – offenbar jeden neuen Tag als Gottes Geschenk im Liede preisen, und das 90 Minuten lang. Das war übrigens der Grund, warum ich in Marias ehemaligem Zimmer schlief. Ihres ist schon lange auf der anderen Seite des Hauses.

Der Gesang war eigentlich gut – und am Besten war die Begleitung: Harmonium und E-Gitarre. Klang ein bisschen nach Tom Waits mit weiblicher Stimme. Ich bereute, kein Aufnahmegerät dabeizuhaben.

Nach dem Frühstück (auf der schönen Terrasse, aber leider im Dunst der von den Nachbarn verbrannten überzähligen Plastiktüten) machten wir eine Runde durch das German Hospital in Valencia, und dann -

Dann kam der Höhepunkt. Ein Besuch bei Peter und Sandra. Da war Maria zum Mittagessen eingeladen, und mich nahm sie mit.

Peter ist nach meiner Rechnung 63. Er stammt aus Pforzheim, hat also Goldschmied gelernt. Nach diversen Umschulungen und Altersteilzeit schied er 2007 aus dem Berufsleben aus, um sich mit seiner Frau Sandra (die von hier stammt, vermutlich gar nicht Sandra heißt, aber ich war zu feige zu fragen) in der Nähe von Valencia niederzulassen.

Das ist ihm gelungen, und zwar gut. Die beiden leben auf einem mehrere 1.000 qm großen Gartengrundstück in einer Riesenvilla, vorn am Tor dazu das “Staff House”, in dem als Ehepaar der Hausmeister und Lalay, das Dienstmädchen wohnen. Peter erhält ungefähr 2.000 € Rente vom deutschen Staat. Heimweh, so sagt er, bekommt er nur, wenn er in mitgebrachten Frauenzeitschriften die Kochrezepte liest.

Peter, ich erwähnte es, stammt aus Pforzheim. Das liegt grenznah zwischen Schwaben- und Badenerland, und zwar bei den Badensern. Ich mutmaßte schon vorher, es könne Spätzle geben.

Und es gab Spätzle. Lalay kannte sich bestens aus mit der Rezeptur. Das Rühren des Spätzleteiges allerdings beherrschte nur der Hausherr. Maria und ich durften es mal probieren, aber bei unserer Technik bekam Peter sichtbar Schmerzen. Auch der Pressvorgang bedarf jahrelanger Erfahrung und höchster Präzision.

Am Schluss ging alles gut und wir aßen 1A schwäbische Spätzle mit Gulasch und Gurkensalat. Zur Unterhaltung dienten die von Peter vorgetragenen Biographien der deutschen Nachbarn mit hiesigen Frauen. Da gab Schweizer-Max den Millionär, und Nazi-Erich und Paul aus Freiburg und noch ein paar. Peter meint, da könne man 10 Bücher schreiben, was da alles möglich ist…

Sandra ist ungefähr Mitte 40 und spricht gutes Deutsch mit starkem schwäbischen Einschlag. Sie arbeitet bei der Gemeindeverwaltung und unterstützt eine Vielzahl von Bedürftigen aus privaten Mitteln.

Zum Nachtisch gab es Eis. Am Vormittag hatte Lalay deutsches Brot gebacken, mit dem wir nun beschenkt wurden: Jeder bekam einen Riesenlaib Krustenmischbrot, dazu Bierwurst von Peters Schwager, Metzger in Pforzheim. Selbst hergestellt, eingedost und nach Mindanao geschickt.

Nächster Punkt: Führung durch Zier- und Nutzgarten, in dem angebaut werden: Kopfsalat, Feldsalat, Möhren, Blumenkohl, Zwiebeln, Rote Bete und überhaupt alles was man so braucht für die deutsche Küche. Dann gibt es noch eine kleine Bananenplantage, Mango- und Durianbäume (unter denen darf man sich nicht aufhalten: Lebensgefahr!).

Und den Rottweilerzwinger, den gibt es auch noch. Gelegentlich ließ sich ein schon recht erschöpfter freilaufender Rottweiler sehen, aber immer nur für Minuten. Danach musste er sich wieder der läufigen Rottweilerin widmen.

Nach all diesen wunderlichen Dingen und Begebenheiten, vielen Dankeschöns unserer- und Neueinladungen seinerseits geleitete Peter uns zurück zum Bus.

Auf dem Rückweg lag das “RR”-Resort mit “Mini-Olympic Pool”. Man erlaubte uns noch 20 Minuten im Schwimmbecken, denn um 17 Uhr war Closing Time. Schade, mehr wäre netter gewesen. Vom Pool aus war der große Pulangi River zu sehen, der an dieser Stelle auch Pulangi Lake genannt wird, weil er beständig die weiten Auen überflutet.

Dann wurde es dunkel. Time to go home, das Resort leerte sich schlagartig. Den Weg zur Main Road legten wir zu dritt auf einem Moped zurück. Maria bestieg einen Jeepney nach Valencia und ich den Bus nach Buda.

Konnte zuhause kaum noch stehen. Es gab ein schnelles “Abendbrot altdeutsch” mit Brot und Bierwurst und Käse (Bier war leider alle) und dann ab in’s Bett und sensationell gut geschlafen. Darum kommt dieser Bericht erst heute, am Montag.

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