Out of Buda II (Oder: Halbzeit in Valencia und Pforzheim)

Halbzeit schon vorüber. War vorgestern. Mir geht die Zeit schnell vorbei – es passiert ja so viel!

Letzte Woche wurde der Novemberdienstplan fertig. Da drin steht: Dr. Heinze arbeitet von Montag an 19 Tage am Stück und hat dann ein Wochenende frei. Mein lieber Scholli.

Beim genauen Hinsehen zeigt sich allerdings, dass in diese Planung auch der 1. und der 2. und der 7. November einbezogen sind, und darunter sind die höchsten philippinischen Feiertage: Allerheiligen und Allerseelen. Da wird nicht gearbeitet! Und da stehe ich auch nicht als Diensttuender auf dem Plan – also doch noch 3 Tage Pause zwischendurch.

Dieses Wochenende war ich in Valencia: Maria besuchen und Stadt ansehen. Wir waren auf verschiedenen Märkten, gingen durch Viertel ohne Abgasvorschrift, erlebten kleine Abenteuer am Geldautomaten. Wir waren in einem verhältnismäßig teuren Restaurant, dessen Essen in Deutschland aber auch nur den deutschen Preis wert gewesen wäre (17 € für zwei incl. Getränke und Tip). Gut gefallen hat mir die Open-Air-Bar (kann man sich wie einen Biergarten vorstellen, nur ohne Bier), in der wir abends 3 philippinische Barden zu hören bekamen, die alle zur Gitarre ähnlich klingende Lieder sangen. Aber gut: Singen können hier viele gut – auffallend viele schöne Tenorstimmen dabei!

Lauter polyphoner Gesang erklang auch in der ersten Dämmerung, so gegen 5. Er kam von den Nachbarn des Doctor’s House in Valencia, die – das erzählte Maria – offenbar jeden neuen Tag als Gottes Geschenk im Liede preisen, und das 90 Minuten lang. Das war übrigens der Grund, warum ich in Marias ehemaligem Zimmer schlief. Ihres ist schon lange auf der anderen Seite des Hauses.

Der Gesang war eigentlich gut – und am Besten war die Begleitung: Harmonium und E-Gitarre. Klang ein bisschen nach Tom Waits mit weiblicher Stimme. Ich bereute, kein Aufnahmegerät dabeizuhaben.

Nach dem Frühstück (auf der schönen Terrasse, aber leider im Dunst der von den Nachbarn verbrannten überzähligen Plastiktüten) machten wir eine Runde durch das German Hospital in Valencia, und dann -

Dann kam der Höhepunkt. Ein Besuch bei Peter und Sandra. Da war Maria zum Mittagessen eingeladen, und mich nahm sie mit.

Peter ist nach meiner Rechnung 63. Er stammt aus Pforzheim, hat also Goldschmied gelernt. Nach diversen Umschulungen und Altersteilzeit schied er 2007 aus dem Berufsleben aus, um sich mit seiner Frau Sandra (die von hier stammt, vermutlich gar nicht Sandra heißt, aber ich war zu feige zu fragen) in der Nähe von Valencia niederzulassen.

Das ist ihm gelungen, und zwar gut. Die beiden leben auf einem mehrere 1.000 qm großen Gartengrundstück in einer Riesenvilla, vorn am Tor dazu das “Staff House”, in dem als Ehepaar der Hausmeister und Lalay, das Dienstmädchen wohnen. Peter erhält ungefähr 2.000 € Rente vom deutschen Staat. Heimweh, so sagt er, bekommt er nur, wenn er in mitgebrachten Frauenzeitschriften die Kochrezepte liest.

Peter, ich erwähnte es, stammt aus Pforzheim. Das liegt grenznah zwischen Schwaben- und Badenerland, und zwar bei den Badensern. Ich mutmaßte schon vorher, es könne Spätzle geben.

Und es gab Spätzle. Lalay kannte sich bestens aus mit der Rezeptur. Das Rühren des Spätzleteiges allerdings beherrschte nur der Hausherr. Maria und ich durften es mal probieren, aber bei unserer Technik bekam Peter sichtbar Schmerzen. Auch der Pressvorgang bedarf jahrelanger Erfahrung und höchster Präzision.

Am Schluss ging alles gut und wir aßen 1A schwäbische Spätzle mit Gulasch und Gurkensalat. Zur Unterhaltung dienten die von Peter vorgetragenen Biographien der deutschen Nachbarn mit hiesigen Frauen. Da gab Schweizer-Max den Millionär, und Nazi-Erich und Paul aus Freiburg und noch ein paar. Peter meint, da könne man 10 Bücher schreiben, was da alles möglich ist…

Sandra ist ungefähr Mitte 40 und spricht gutes Deutsch mit starkem schwäbischen Einschlag. Sie arbeitet bei der Gemeindeverwaltung und unterstützt eine Vielzahl von Bedürftigen aus privaten Mitteln.

Zum Nachtisch gab es Eis. Am Vormittag hatte Lalay deutsches Brot gebacken, mit dem wir nun beschenkt wurden: Jeder bekam einen Riesenlaib Krustenmischbrot, dazu Bierwurst von Peters Schwager, Metzger in Pforzheim. Selbst hergestellt, eingedost und nach Mindanao geschickt.

Nächster Punkt: Führung durch Zier- und Nutzgarten, in dem angebaut werden: Kopfsalat, Feldsalat, Möhren, Blumenkohl, Zwiebeln, Rote Bete und überhaupt alles was man so braucht für die deutsche Küche. Dann gibt es noch eine kleine Bananenplantage, Mango- und Durianbäume (unter denen darf man sich nicht aufhalten: Lebensgefahr!).

Und den Rottweilerzwinger, den gibt es auch noch. Gelegentlich ließ sich ein schon recht erschöpfter freilaufender Rottweiler sehen, aber immer nur für Minuten. Danach musste er sich wieder der läufigen Rottweilerin widmen.

Nach all diesen wunderlichen Dingen und Begebenheiten, vielen Dankeschöns unserer- und Neueinladungen seinerseits geleitete Peter uns zurück zum Bus.

Auf dem Rückweg lag das “RR”-Resort mit “Mini-Olympic Pool”. Man erlaubte uns noch 20 Minuten im Schwimmbecken, denn um 17 Uhr war Closing Time. Schade, mehr wäre netter gewesen. Vom Pool aus war der große Pulangi River zu sehen, der an dieser Stelle auch Pulangi Lake genannt wird, weil er beständig die weiten Auen überflutet.

Dann wurde es dunkel. Time to go home, das Resort leerte sich schlagartig. Den Weg zur Main Road legten wir zu dritt auf einem Moped zurück. Maria bestieg einen Jeepney nach Valencia und ich den Bus nach Buda.

Konnte zuhause kaum noch stehen. Es gab ein schnelles “Abendbrot altdeutsch” mit Brot und Bierwurst und Käse (Bier war leider alle) und dann ab in’s Bett und sensationell gut geschlafen. Darum kommt dieser Bericht erst heute, am Montag.

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5 Antworten auf Out of Buda II (Oder: Halbzeit in Valencia und Pforzheim)

  1. Julia Götting sagt:

    Lieber Cornelius,
    das mit den schönen Tenorstimmen hört man gerne! Bring sie alle mit! Es ist der spannend, einen kleinen Einblick über Deinen Blog zu bekommen. LG Julia
    Und jetzt schreibt noch Jakob: LIEBER CORNELIUS, HIR IST ES SCHÖN DAIN jakob
    und Johanna: lieber Conni, hier ist Herbst und bei dir? Deine Johanna

  2. Cornelius sagt:

    Liebe Johanna,
    hier ist immer Sommer – von Januar bis Dezember. Und dann geht der Sommer wieder von vorne los. Niemand hat ein Thermometer: nachts ist es warm, tags ist es sehr warm, und manchmal regnet es.
    Also: Schöne Sommergrüße in den Böseweg!
    Dein Cornelius

  3. Leo sagt:

    Mein Lieber,
    nur, weil ich eben nicht eben nicht schwiegen kann, wenn du bei einem Badner, der bloß 16,5 Kilometer von Nussdorf entfernt gewohnt hat, Spätzle gegessen hast, folgender Hinweis. Bei den Badnern (Badenser mögen die aus irgendeinem Grund nicht gerne hören, weiß auch nicht wieso) heißen Spätzle meistens Knöpfle. Spätzle sind etwas ganz und gar Schwäbisches und ich bin überzeugt, dass der Peter und seine Sandra das Rezept heimlich aus dem Schwäbischen entführt haben, womöglich, um dem Nazi-Klausi damit eine Freude zu machen. Außerdem kann Peter offensichtlich bloß drücken und nicht schaben.
    Fazit: Hab Acht vor den Gelbfüßlern (das mögen die Badenser noch viel weniger hören).
    Und hiermit eine hochoffizielle Einladung für nach deiner Rückkehr: zu richtig geschabten schwäbischen Spätzle mit Gulasch und Salat.
    Herzlischd
    Leo

  4. Rita Lukas sagt:

    Lieber Conny, Du hattest gerade mal Halbzeit; Pia und ich sind schon seit fast einer Woche wieder zu Hause. Auf unserem Rückweg haben wir in Dubai nachts tatsächlich zwei nebeneinander!!!stehende “Ruheliegen” ergattern können. Ansonsten wieder die uns zustehenden!! Voucher für Verpflegung bei Emirates abgeholt, allerdings diemal McDonald gewählt (war besser als der Italiener auf dem Hinweg).
    Deine Berichte lese ich mit Hochgenuss. Allerdings befällt mich doch auch bei deinen Beschreibungen und Bildern ein bißchen das Gefühl von Wehmut. An die Jeepneyfahrten und die “Stehplatzfahrten”auf dem Motorrad hab ich noch lebhafte Erinnerungen. Deshalb würde ich gern auch ein bißchen mit dir tauschen im Moment.
    Liebe Grüße von Rita

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